Kostenmiete-Verpflichtung und Eigentumseingriff: Stadt-Berner Norm Art. 16b BauO ist noch verträglich mit der Eigentumsgarantie / by Simon Schaltegger

Art. 16b BauO Stadt Bern neu lautet:

Art. 16b Preisgünstiger Wohnungsbau und gemeinnützige Wohnbauträger

Bei Um- und Neueinzonungen wird sichergestellt, gegebenenfalls mittels einer Überbauungsordnung, dass in den Wohnzonen (Wohnzone W, gemischte Wohnzone WG, Kernzone K) mindestens ein Drittel der Wohnnutzung als preisgünstiger Wohnraum im Sinne der eidgenössischen Verordnung vom 26. November 2003 über die Förderung von preisgünstigem Wohnraum (Wohnraumförderungsverordnung, WFV; SR 842.1) erstellt und dauerhaft in Kostenmiete vermietet wird oder der Boden durch Verkauf oder im selbständigen und dauernden Baurecht an eine gemeinnützige Organisation im Sinne von Art. 37 der Wohnraumförderungsverordnung abgegeben wird, die die Wohnungen dauerhaft in Kostenmiete vermietet.”

Die Bestimmung wurde im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle vom Bundesgericht überprüft auf die Schwere des damit verbundenen Eigentumsengriffs.

Das Bundesgericht resumiert kurzerhand:

“Art. 16b Abs. 1 BO muss so verstanden bzw. kann jedenfalls so ausgelegt und umgesetzt werden, dass von ihm ausschliesslich Grundstücke betroffen sind, für welche die Möglichkeit der Wohnnutzung neu geschaffen oder für welche die für die Wohnnutzung zulässige Fläche vergrössert wird, was die Intensität des Eingriffs in die Rechte der betroffenen Grundeigentümer stark relativiert.

Weiter zu beachten ist, dass die Verpflichtung, Wohnungen preisgünstig zu vermieten bzw. Boden zu diesem Zweck abzugeben, nur für einen beschränkten Teil der neu der Wohnnutzung zugeführten Fläche gilt, während die betroffenen Grundeigentümer auf dem restlichen Teil der neu der Wohnnutzung zugeführten Fläche teurere Wohnungen errichten können.

In diesem Sinn wirkt der mit Art. 16b Abs. 1 BO verbundene Eingriff in die Eigentumsgarantie und die Wirtschaftsfreiheit grundsätzlich nicht schwer. Zudem ermöglicht die Ausnahmebestimmung von Art. 16b Abs. 2 BO der zuständigen Behörde, im Einzelfall von Art. 16b Abs. 1 BO abzuweichen, wenn dies mit Blick auf das Verhältnismässigkeitsprinzip geboten erscheint.”

Die mit Art. 16b BauO neu statuierte Verpflichtung sei daher auch als unbefristete Belastung jedenfalls dann zumutbar, wenn nicht mehr als ein Drittel der “neu der Wohnnutzung zugewiesenen” Fläche für den preisgünstigen Wohnungsbau reserviert werde.

Man kann auf die nächsten ähnlichen gesetzlichen Neuerungs-Versuche in den Städten - vorab der Stadt Zürich - gespannt sein.

Bundesgericht 1C_441/2018 Urteil vom 14. November 2019