Raumplanung

Bauzonen/Nichtbauzone: Abbruch von Tausenden von Maiensässen, Chalets ausserhalb der Bauzonen? by Simon Schaltegger

Der Bundesgerichtsentscheid vom April 2021 führt zu aktuellen Gesetzgebungs-Bestrebungen im Nationalrat.

Jener Bundesgerichtsentscheid soll intendieren, dass ein Abbruch von formell und materiell rechtswidrigen Bauten ausserhalb der Bauzonenl auch nach 30 Jahren und in jedem Falle erfolgen müsse.

Indessen ist zu bedenken:

Der bei dieser Abwägung dergestalt „obsiegende“ Grundsatz der Trennung von Nichtbauzone und Bauzonen - zwar „fundamental“ - ist nicht von explizitem Verfassungsrang: Dagegen verleiht die Bundesverfassung mit Art. 9 BV dem Einzelnen einen verfassungsrechtlichen Direkt-Anspruch auf staatliches Handeln nach Treu und Glauben.

Einer direkten Schlussfolgerung, dass dieser Bundesgerichtsentscheid bewirke, dass materiell und formell rechtswidrige Bauten ausserhalb der Bauzonen neu nach 30 Jahren ausnahmslos abgebrochen werden müssen, kann daher nicht vorbehaltslos zugestimmt werden:

Der (zwar fundamentale, aber „nur“) raumplanungsrechtliche Grundsatz der Trennung Bau- Nichtbauzone soll den direkten verfassungsmässigen Anspruch des Einzelnen auf Vertrauensschutz (Art. 9 BV) nicht derart verwässern können, dass trotz Ablauf von 30 Jahren und zusätzlich gegebenem Tatbestand des Vertrauensschutzes nur noch „Lösungen“ im Sinne von Verlängerungen der Wiederherstellungsfrist möglich sein sollen (vgl. dazu Erwägungen Bundesgerichtsentscheid Ziff. 5.6):

Adäquat zum Rangwert der beiden auf dem Spiel stehenden Grundsätze sollte bei einem gegebenem verfassungsmässig geschützten Vertrauenstatbestand dann eine Wiederherstellung ausbleiben können, wenn ein solcher zusätzlich und unabhängig vom Zeitablauf von 30 Jahren (ausserhalb eines blossen solchen) entstanden ist: In diesen (Einzel-)Fällen kann - ja muss - es nach wie vor zur Verwirkung des Wiederherstellungsanspruches führen können:

Der „fundamentale“ Trennungsgrundsatz Bau-/Nichtbauzone geht dem direkten verfassungsmässigen Vertrauensanspruch des Einzelnen nicht (in jedem Falle) vor.

 

Steigende Wohnfläche/Person in Zürich seit 10 Jahren auch bei gemeinnützigem Wohnungsbau by Simon Schaltegger

Diskussion der Revision von Bauordnung und Zonenplan mit Verdichtung: Ruf nach Beschränkung des Wohnflächenverbrauchs: "In den letzten Jahren wurde das Erstellen immer grosszügigerer Wohnungen oft als Ursache für die steigenden Mietpreise und den hohen Wohnflächenkonsum bezeichnet und eine vermehrte Erstellung von einfachen und kleineren Wohnungen postuliert. Lässt sich in den letzten Jahren eine Hinwendung zu diesen Zielen feststellen?

Tatsächlich gibt es interessante Entwicklungen in diese Richtung. So ging die durchschnittliche Zimmerzahl pro Wohnung bei den Wohnersatzbauten seit 2010 von 3,6 auf 3,3 zurück – deutlicher bei den gemeinnützigen Bauträgern, weniger stark auch bei den anderen Eigentumskategorien (vgl. Tabelle T_3). Diese Bewegung ist auch bei der durchschnittlichen Wohnfläche pro Wohnung festzustellen, die von 109 auf 102 Quadratmeter sank. Bemerkenswerterweise ist diese Tendenz bei der Fläche pro Raum noch nicht festzustellen; diese liegt weiterhin über 30 Quadratmeter. Bei gemeinnützigen Bauträgern ist seit 2010 sogar eine gewisse Annäherung an die Flächen der privaten Anbieter festzustellen.

Diese Entwicklungen führen bei der Wohnfläche pro Person in den letzten fünf Jahren gegenüber der Vorgängerperiode zu einer annähernden Konstanz der Durchschnittswerte (Grafik G_18). Die Totalwerte verdecken die unterschiedlichen Entwicklungen: eine klare Zunahme bei den gemeinnützigen Bauträgern auf niedrigem Niveau und einem ebenso deutlichen Rückgang des Flächenkonsums bei den privaten." (Quelle: Ersatzbauprojekte Zürich 2004-2015; Statistik Zürich, Mai 2015)

BZO Stadt Zürich: "Untergeschoss-Ersatz" by Simon Schaltegger

StR Odermatt zu 1.Entwurf: Wohnhygiene und Schutz Bebauungsstruktur verlange die Streichung des (Jahrzehnte lang in der Stadt gebaute...) anrechenbaren UGs. Korrekturversuch des Stadtrats vom 29. Oktober 2014: Anstelle des anrechenbaren Untergeschosses soll an flachen oder sehr schwach geneigten Lagen ein "zusätzliches Vollgeschoss" zulässig sein. Die "Ausnützungsziffer soll um die Grösse eines durchschnittlichen Vollgeschosses "erhöht" werden, womit die Änderung ausnützungsneutral sei; und die Gebäudehöhe solle "leicht" um max. 1 m erhöht werden. Der Rettungsversuch:

  1. Dutzende Gebäude mit bis heute zulässigem anrechenbaren UGs werden rechtswidrig.
  2. Neue Gebäude werden um 1 m höher mit Nachteilen der Wohnhygiene.
  3. Ent-Dichtung: Gleiches massgebendes Nutzungsmass bei verpflichtendem Mehrvolumen; (O-Ton Stadtrat: "ausnützungsneutral")
  4. "Besserer Schutz der Bebauungsstruktur" fraglich (= explizites Ziel StRat zur Streichung des anr. UGs im 1.Entwurf), sondern:  --> Beeinträchtigung durch neue höhere Dimensionen.
  5. Gewinn Wohnhygiene (= explizites Ziel Odermatts zur Streichung des anr.UGs im 1. Entwurf), sondern: --> Wohnhygiene ist maximal dieselbe...  die Bewohner haben 1 m höhere Häuser gegenüber und nebendran in diesen Zonen.
  6. Zudem: Es entstehen um bis 1 m über gewachs. Terrain gelegene Untergeschosse, die
    1. ... nur mit Waschküchen, Einstell-/Kellerräumen u.dgl. genutzt werde können: Keine Bastel-/Hobby-/Versammlungs-/Fitnessräume: Alles verboten.
    2. ... zumindest ebenso potentiall behindertenfeindlich sind wie tiefergesetzte bisherige "Untergeschosse".

Fraglich, ob wesentliche Gewinne für die Bebauungsstruktur der Quartiere oder die Wohnhygiene damit verbunden sind: Es wird jedenfalls ein Meter Gebäudehöhe für die behaupteten wohnhygienischen und ästhetischen "Verbesserungen" gezahlt, ohne dass eine Verdichtung ermöglicht wird.